Special: Befestigungsmöglichkeiten im WoMo

Eine Frage, die mich später im Möbelbau sehr stark beschäftigt hat, war die Frage nach den Befestigungsmöglichkeiten im Wohnmobil. Ich schreibe jetzt bewusst ganz allgemein Befestigung, denn darunter möchte ich alle möglichen Unterpunkte wie z.B. Verkleidungen, Möbel, Möbelbefestigungen, Korpusbauweisen etc. unterbringen. Alles möglichst in der kompakten Form mit dem maximalen Nutzwissen, welches man benötigt, um selbst an seinem Fahrzeug loszulegen.

Kurzes Vorwort

Es gibt einen großen Unterschied zwischen der eigenen Wohnung / dem eigenen Haus und einem Kastenwagen, wenn man den Raum betrachtet, indem etwas sicher gebaut werden soll. In einem Fahrzeug habe ich (zumindest während der Fahrt) meistens eine gewisse Dynamik, selten bleibt alles starr und unbewegt. Das ist der erste Gedanke, an den man sich gewöhnen muss, wenn man diverse Dinge für den Aufbau plant.

Außerdem spielt die Temperatur eine sehr wichtige Rolle. Im Fahrzeug haben wir es heutzutage mit teils vielen Werkstoffen wie Aluminium, Magnesium und Kunstoffen in Mischbauweise zu tun. In den eigenen vier Wänden besteht das Haus um uns herum aus hartem, unveränderlichen Stein. Heißt konkret, das Fahrzeug dehnt sich im Sommer aus und das wirkt sich direkt auf die verbauten Teile im Fahrzeug aus. Deswegen kommt es z.B. vor, dass plötzlich irgendwelche Möbel durch Geisterhand im Winter anfangen zu knarzen, da sich die Karosserie verzogen hat und Holz an Holz reibt.

Eins muss ich noch loswerden: Nichts, absolut nichts hält für ewig. Es kann sein, dass eine Verbindung möglicherweise 45 Jahre hält, es kann aber auch in so einem dynamischen Umfeld vorkommen, dass etwas bereits nach 3 Monaten abreißt. Auf dieses Eventualität muss und sollte man sich im Camper einstellen, sonst wird man nicht glücklich. Das Risiko kann natürlich durch präventive Maßnahmen in der Eintrittswahrscheinlichkeit deutlich abgesenkt werden und auf diese Punkte werden wir in den folgenden Kapitel reingehen.

Generelle Tips zu den Befestigungen aus meiner Erfahrung

  • Befestigung von Möbeln und Geräte auch immer in Beschleunigungsrichtung absichern
  • Wenn möglich, metrische Schrauben verwenden: Mehrfachverwendung, erhöhte Sicherheit
  • Möbel- und Wändebewegung zulassen. Zum Beispiel durch Nuten oder Alu-U-Profile
  • Technikzugänge nicht zubauen => Revisionsklappen und -öffnungen berücksichtigen
  • Möglichst auf Leichtbau setzen => schwere Masse verursacht mehr Bewegungsenergie bei Bewegung

Möbelbau und die Verbindung

Beim Bau der Möbel gibt es nicht sonderlich viel zu beachten. Nehmen wir an, wir möchten einen Oberschrank in einfacher rechteckiger Form bauen. Man braucht vier Holzplatten und evtl. eine Rückplatte. Man kann jetzt die entsprechenden Holzschrauben (ich nehme am liebsten original SPAX oder Würth Schrauben) nehmen, WICHTIG: Löcher in das Holz vorbohren, ansenken und dann die Platten miteinander verbinden.

Vorteil: Einfach, sicher und schnell erledigt.

Nachteil: Alle Schrauben sind erstmal sichtbar, wenn nicht durch Schraubkappen abgedeckt.

Schrauben (siehe oben links) waren bei mir sichtbar, dann kamen graue Schraubkappen aus Kunstoff drauf

Eine zweite, sehr weit verbreitete Verbindung von Möbeln (hauptsächlich bei professionellen Aufbauern) ist die Möglichkeit mit so genannten Topfverbindern / Korpusverbindern zu arbeiten. Anfang 2020 habe ich versucht bei der CMT Messe in Stuttgart diese Verbindung zu fotografieren.

Die Idee dahinter ist, dass eine relativ unsichtbare Verbindung hergestellt wird. Dazu wird meist ein 25 / 35er Forstnerbohrer genommen, ca 10 mm in das Holz gebohrt und dann der Verbinder (erstes Bild) eingesetzt. Hier kann nun eine Holzschraube eingeschraubt und in die zu verbindende Gegenseite eingeschraubt werden. Was ist dabei zu beachten? Ganz klar die Materialdicke eurer Möbelbauplatten.

Ich habe bei mir durchgehend 12 mm Möbelholz verwendet und für mich wären diese Topfverbinder eher kontraproduktiv gewesen, da meine Materialdicke für diese Art der Verbindung nicht ausgereicht hätte. In der Regel werden 15,4 mm Platten im Wohnmobilbau verwendet, hier können solche Topfverbinder einfacher eingesetzt werden, da man nach Einbohren mit dem Forstnerbohrer noch ca. 5 mm Platz zur anderen Seite der Platte hat.

Vorteil: praktisch unauffällige Verbindung von Möbeln.

Nachteil: Vorarbeit mit einem Forstnerbohrer notwendig.

Befestigung Möbel / Verkleidungen an Wände

Ein ziemlich wichtiges Kapitel dürfte die Befestigung von Verkleidungen und Möbeln an Wänden oder Karosserieabschnitten sein. Natürlich gibt es viele Selbstausbauer da draußen, die die Wände lediglich mit flexiblem Filz beziehen, aber in unserem Beispiel geht es explizit darum, Wände z.B. mit dünnen 3mm Multiplexplatten zu verkleiden. Die wahrscheinlich einfachste, jedoch unsauberste Methode wären selbstschneidende Blechschrauben, die man durch das Holz und anschließend durch das Fahrzeugblech bohrt.

Bildquelle: theo-schrauben.de

Jetzt muss man jedoch aufpassen: Die Fahrzeugwände sind in der Regel bei praktisch allen Vans keine glatten Flächen, in die man die Multiplexplatte andrückt und reinschrauben kann. Überall befinden sich Spriegel, Sicken, Holme, ungleichmäßige Verläufe der Außenwand und und und. Heißt praktisch: Ich muss selbst sowieso die spezifischen Punkte, an denen ich eine Blechschraube einschrauben kann, ausfindig machen und auf der Verkleidung markieren.

Wenn ich mir diesen Aufwand, den ich sowieso betreiben muss, mache, dann würde ich direkt auf Option zwei setzen: Verbindung mit so genannten Nietmuttern.

Bildquelle: Amazon.de

Ich LIEBE Nietmuttern, denn Sie bieten (für unseren use-case) sehr viele Vorteile gegenüber einer Verbindung mit einer Blechschraube. Erstens haben wir hier eine der stabilsten Verbindungsarten, da wir metrische Schrauben verwenden und zweitens ist die Verbindung jederzeit reversibel lösbar.

Beispiel: Hängeschränke

Ich möchte das Thema mit den Nietmuttern anhand eines Beispiels aufgreifen und versuche das an der Montage meiner Oberschränke zu erläutern.

Auf dem Bild oben sehen wir die (zugegeben) schlechte Skizze des Seitenprofils vom hinteren Hängeschrank (gilt jedoch für alle Hängeschränke). Oben und hinten am Schrank ist eine 28 x 70 mm Latte über die gesamte Länge des Hängeschranks befestigt. Auf dem Bild unten sieht man diese Skelettkonstruktion sehr gut. In diese Latten habe ich entsprechend Langlöcher gebohrt, in die später die Verschraubung rein kommt. Die Schränke hinten sind 150 cm lang und werden oben mit 2x M10 Sechskantschrauben mit M10 Nietmuttern oben an der Karosserie verschraubt. Hinten kommen über die gesamte Länge 3x M8 Sechskantschrauben zum Einsatz, in diesem Fall in M8 Nietmuttern.

Wichtig ist, wie bei allen anderen Möbelbefestigungen auch, dass man dem Möbelteil eine gewisse Bewegungsmöglichkeit gibt. Würde man z.B. die Löcher exakt so groß wie die Schrauben bohren, würde man in meinem Fall den Oberschrank an insgesamt 5 Punkten starr mit der Karosserie verbinden. Das würde zwar eine Zeit lang funktionieren, setzt aber das Möbelstück unnötig in Spannung, wenn das Fahrzeug sich verwindet.

Befestigung von (sehr) schweren Möbeln

Grundsätzlich sollte natürlich das erste große Ziel sein, möglichst auf zu viel Gewicht im WoMo zu verzichten und auf leichten Bau zu setzen. Manchmal kann es aber vorkommen, dass man es nicht vermeiden kann. Nehmen wir z.B. einen schweren Kühlschrank oder Wasserkanister, die in den Schränken Platz finden müssen.

Hier gilt die Devise den Schwerpunkt möglichst niedrig zu halten, also schwere Sachen immer nah an den Boden platzieren. Nehmen wir den Schrank unten als Beispiel und gehen davon aus, dass dieser Schrank mit einem hohen Gewicht belastet wird. Dann muss ich als erstes dafür sorgen, dass die eingelagerten Gegenstände sicher und ohne Bewegungsfreiheit an ihrem Platz bleiben. Wenn wir uns einen 25 Liter Wasserkanister bei Kurvenfahrten oder einer Vollbremsung vorstellen, der ungesichert im Schrank steht, werden wir große Schwierigkeiten haben und es könnte passieren, dass der Schrank erheblichen Schaden nimmt. Wenn es lösbare Verbindungen sein sollen, dann würden sich Spanngurte sehr gut dafür eignen. Alternativ baut man Führungen in den Boden des Schranks und fügt Zwischenwände ein, damit die schweren Gegenstände darin platziert werden – es gibt also durchaus einige Möglichkeiten.

Natürlich muss man vorab dafür sorgen, dass die Basis – also der Korpus selbst – sicher im Fahrzeug befestigt wird. Wenn wir weiterhin den obigen Schrank als Referenz sehen, würde ich 4x 4,5×30 Holzschrauben nehmen und den Schrank am Boden z.B. durch den Holzboden durchschrauben (nötige Materialstärke vorausgesetzt, sonst bohrt man durch den Karosserieboden durch!).

Dann sucht man sich an der Rückwand etwas weiter oben einen Punkt aus und bohrt / fräst hier ein Langloch. Warum Langloch? Wir haben wieder das Thema, dass wir versuchen keine völlige Starre zu erzwingen. Wenn der Schrank an einer Seitenwand im Fahrzeug befestigt wird und man beschleunigt / bremst ab, möchte sich der Schrank nach vorne und hinten bewegen. Da der Boden mit 4 Holzschrauben fixiert ist, wird sich eher der obere Bereich Bewegungen aussetzen. Mit einem Langloch (zum Beispiel 20-30 mm Länge) können wir das Spiel in die eine, sowie andere Richtung ermöglichen.

In die Mitte des Langlochs suchen wir uns in der Karosserie einen Punkt und setzen hier eine M8 Nietmutter und schrauben vorne durch die Rückwand des Korpus z.B. eine Sechskantschraube mit einer Unterlegscheibe rein. Jetzt haben wir eine sehr stabile Verbindung, die in jede Richtung abgesichert, aber nicht völlig starr sitzt. Für Servicezwecke müssen lediglich 5 Schrauben gelöst werden, damit der Korpus entfernt werden kann.

Update: Befestigungen mit Einschlagmuttern

Eine wichtige Befestigung habe ich vergessen. Es geht um so genannte Einschlagmuttern für Holz. Das Prinzip dahinter ist denkbar einfach: Man bohrt ein Loch in der Größe der Einschlagmuttern und hämmert diese dann in das Holz rein.

M8 Einschlagmutter (Bildquelle: Amazon.de)

Diese Befestigungsmöglichkeit ist eine sehr gute Option, wenn man z.B. vorhat, Trennwände in das Wohnmobil einzubauen. Im Idealfall nimmt man für die Stabilisierungen der Wände Alu U-Profile. Natürlich kann man die Profile einfach mit Holz- oder Blechschrauben an die Karosserie oder an den Boden schrauben, aber da sitzen wir erneut vor dem Problem des sich frei windenden / rüttelnden Schrauben.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir schon einen Holzboden drin haben, dann ist eine sehr sichere Methode mit Einschlagmuttern und U-Profilen zu arbeiten. Dafür bohrt man sich die entsprechenden Löcher in den Holzboden vor und schlägt die Muttern rein. Im Idealfall hat man z.B. mit einem Forstnerbohrer bereits ca. 1-2 mm von der oberen Schicht des Holzbodens abgetragen. Vorteil: Die Einschlagmutter liegt bündig mit dem Holzboden und verhindert das Kippen des U-Profils.

Mit der Einschlagmutter sind für mich das Pendant zu Einnietmuttern, nur eben hier in diesem Fall für Holz. Vorzugsweise verwendet man die Einschlagmuttern am Boden montiert, denn auf Druckbelastung kann praktisch nichts passieren. Bei leichten Montagen, kann man sie auch kopfüber an der Decke platzieren, aber man muss sich immer vor den Augen halten, dass diese Muttern lediglich mit einem Hammer eingeschlagen werden. Wenn wir dauerhaft eine Zugbelastung auf die eingesetzte Schraube (und somit natürlich auch auf die Einschlagmutter) wirken, wird sie sich irgendwann aus dem Holz lösen und abfallen – und damit auch alles andere, was an ihr befestigt wurde. Deswegen immer den genauen Anwendungsfall bei den Einschlagmutternberücksichtigen, denn sie sind nicht ganz so ein no-brainer wie z.B. der Einsatz von Einnietmuttern in Metall.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass lösbare, metrische Verbindungen in Form von Einnietmuttern sehr viele Vorteile im Wohnmobil mit sich bringen. Es ist die bedeutend sicherere Verbindung gegenüber einer reinen Verbindung mit Holz-/Blechschrauben. Es lohnt sich vorher Gedanken darüber zu machen, an welchen Stellen schwere Schränke / Hängeschränke platziert werden sollen.

Aber auch spontane Verbindungen lassen sich gut mit Nietmuttern lösen, da es an der Karosserie oft Stellen gibt, wo man schnell ein 8/10 mm Loch bohrt und die Nietmutter einsetzen kann.

Ich benutze folgende Kombinationen bei den Nietmuttern:

Nietmuttern-Set

Nietmutternzange

Kommentare

Eine Antwort zu „Special: Befestigungsmöglichkeiten im WoMo“

  1. Avatar von Christian

    Hallo Gökhan, hallo Alf,

    vielen Dank für diesen Artikel. Wir haben uns schon lange gefragt, worauf man beim Anbringen vom Möbeln achten sollte. Im Netz haben wir bisher nur sehr wenig gefunden und bei euch gibt es sogar praktische Beispiele. Ein sehr guter Artikel zu diesem Thema.

    Herzlichen Dank und kommt gut durch den Winter :-).
    Viele Grüße von uns Dreien.

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